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AutorenbildProf. Dr. Kristian Giesen

Das Unternehmen nicht gegen die Wand fahren: Neues Gesetz als Chance (#StaRUG)

Aktualisiert: 9. Aug. 2021

Niemand blickt gerne auf unschöne Wahrheiten, doch so manchen Unternehmen wird keine andere Wahl gelassen: sie müssen ein Scheitern eingestehen und Insolvenz anmelden.

Eine Insolvenz gefährdet Arbeitsplätze, vernichtet Kapital und ist ein hartes Stigma für die Geschäftsführung. Dabei würden sich viele Unternehmensinsolvenzen (in Deutschland gab es 2020 ca. 15.000) vermeiden lassen, wenn die Unternehmenskrise frühzeitig erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet worden wären. Doch Krisenfrüherkennung ist eine Thematik, mit der sich viele Unternehmer nur ungern beschäftigen. Wieso sollte sich ein (noch) erfolgreiches Unternehmen mit zukünftigen, eventuell auftretenden Problemen beschäftigen? Wenn das Business „läuft“, dann gibt es wichtigere Punkte auf der Agenda, als sich über schlechte Zeiten den Kopf zu zermartern.


Und genau in der Manier ist es an der Öffentlichkeit vorbeigegangen, dass es ein neues Gesetz gibt: StaRUG. Hinter diesem Akronym verbirgt sich das neue Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen, welches die deutsche Gesetzgebung in beeindruckender Geschwindigkeit, parallel zur Corona-Krise, Ende letzten Jahres durchgepeitscht hat. Es gilt seit dem 01.01.2021, es weiß nur kaum jemand. Mit StaRUG sollten sich alle Unternehmen aus Selbstinteresse beschäftigen.


Doch gehen wir ein paar Schritte zurück: Noch vor der Jahrtausendwende war mit einer Insolvenz ganz typisch eine Zerschlagung und Liquidation des angeschlagenen Unternehmens verbunden, um die offenen Forderungen zu bedienen (Lieferanten, Banken, etc.). Das Unternehmen ist dann häufig einfach „von der Bildfläche“ verschwunden. Seit der Modernisierung des Insolvenzrechts im Jahr 1999, ist das Ziel eher, das Unternehmen wieder auf die Beine zu stellen. Für diese Maßnahme gibt es mehrere Namen: Turnaround, Restrukturierung oder Sanierung. Das neue StaRUG ist eine weitere Fortentwicklung und reagiert darauf, dass viele Unternehmen auf Probleme zu spät reagieren und entsprechende Maßnahmen viel zu spät einleiten. In besonders harten Fällen ist der Fachbegriff dafür übrigens „Insolvenzverschleppung“ und stellt für die Geschäftsführung empfindliche Strafen bereit (Privathaftung und sogar bis zu drei Jahre Haft sind möglich).


Diese späte Reaktion der Unternehmen ist ein massives Problem und ganz menschlicher Natur aus zwei Gründen: a) die Angst vor der öffentlichen Blamage und b) die Krise wird schlichtweg übersehen.


An diesen beiden Punkten setzt der neue StaRUG-Rahmen an und gibt Unternehmen eine neue Chance: die Möglichkeit, das Unternehmen mit starken Maßnahmen zu überarbeiten, um eine zukünftige Insolvenz abzuwenden. Dies wohlgemerkt ohne die Öffentlichkeit einzuweihen! Dazu gehört beispielsweise auch, dass man in Verhandlungen mit den Gläubigern geht. Diese „heimliche“ Restrukturierung darf aber nur unter einer wichtigen Bedingung benutzt werden: Die Unternehmenskrise muss sehr früh erkannt werden.


Wo Licht ist, da ist auch Schatten. StaRUG konkretisiert nämlich neben dieser Chance auch eine Pflicht: StaRUG schreibt für alle (!) Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Gesellschaften vor, dass diese ein angemessenes Frühwarnsystem implementieren. Eine Auslassung dieser Pflicht kann zu Privathaftung der Geschäftsführung führen (Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters).


Aber wie erkennt man eine Unternehmenskrise früh? Damit beschäftigt sich die Betriebswirtschaftslehre seit mehr als 50 Jahren und stellt sinnvolle, praxistaugliche Methoden bereit. Deren Darstellung würde den hier verfügbaren Rahmen sprengen und verweise auf diesen Artikel von mir. Die Grundidee ist, dass Unternehmenskrisen in mehreren Phasen verlaufen und man aktiv nach Signalen sucht, die auf Probleme in der Zukunft deuten.


Die genaue Ausgestaltung des Frühwarnsystems hängt von der Größe, Branche, Struktur und auch von der Rechtsform ab. Ein großes Unternehmen aus der Automotive Branche wird aufwändigere Frühwarnsysteme implementieren müssen als eine kleine Handwerks-GmbH. Möglich wäre eine einfache Excel-Tabelle mit Finanzkennzahlen oder aber ein umfangreiches Risikomanagement. Entsprechende Vorlesungs-Folien, auf denen diese Methoden aufgezeigt werden, kann ich Ihnen gerne auf Anfrage kostenlos zusenden: kristian.giesen@risikozweinull.de.


Möglicherweise fühlt sich das eine oder andere Unternehmen durch diese Frühwarnsystem-Pflicht vom Staat gegängelt, doch eine solche Forderung ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus wünschenswert. Denn Frühwarnsysteme sollen Unternehmen rechtzeitig Bedrohungen signalisieren, damit ausreichend Zeit für Präventivmaßnahmen vorhanden ist.


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